Sonja Fuhrmann:
Bei uns geht es heute um das Internet der Dinge und warum es allen, die irgendwie mit E-Commerce zu tun haben, nicht egal sein sollte. Joubin, was ist das eigentlich, dieses berüchtigte Internet der Dinge?
Joubin Rahimi:
Wir nutzen das ja schon an ganz, ganz vielen Stellen und es fängt an mit dem Smartphone. Ist ja auch ein Ding, das ganz, ganz viel messen kann. Und klassischerweise ist das Internet der Dinge aber etwas, wo ich kleine Sensoren habe, die in Geräten sind oder in der Landschaft irgendwo verteilt und Daten senden, meistens nichts Aktives tun, aber tun könnten. Hat sich das IoT, wie es ja auch genannt wird, tatsächlich so krass entwickelt, wie oft gesagt wird in den letzten Jahren? Ich glaube, noch viel, viel mehr, aber man liest im Moment nichts in der Presse, weil KI ...
Sonja Fuhrmann:
Warum?
Joubin Rahimi:
KI ist in aller Munde. ChatGPT und Co, das ist ja das, worüber hauptsächlich gesprochen wird und IoT noch nicht.
Sonja Fuhrmann:
Zu Unrecht?
Joubin Rahimi:
Es sind ja Wellenbewegungen. Insofern, glaube ich, ist es gar nicht so tragisch, dass nicht drüber gesprochen wird, aber es wird ja genutzt und wir nutzen es alle. Jeder, der ein Elektroauto fährt, nutzt ja ganz, ganz viel von diesen IoT-Services.
Sonja Fuhrmann:
Wie wird IoT im E-Commerce eingesetzt?
Joubin Rahimi:
Das ist eine mega gute Frage, weil ich möchte erst mal ausholen. Häufig wird ja immer gesagt: „E-Commerce, das ist ja alles virtuell." Nein, ist es nicht. Es ist ja echt. Eine virtuelle Welt, keine echte Welt. Aber es ist echt. E-Commerce ist echt, aber es ist digital. Das erst mal vorneweg, es ist digital. Warum ist das wichtig? Weil IoT ist auch digital und ist auch echt und es ist noch mehr die Verknüpfung in die physikalische Welt.
Sonja Fuhrmann:
Beschreib mal ganz konkret.
Joubin Rahimi:
Und das ist eigentlich das Spannende dabei. Und wenn ich überlege und ich mache jetzt einen ganz großen Bogen: Ich bin ein Hersteller von beispielsweise Tennis-Schlägern. Da gibt es Head, ist ein Schläger-Hersteller, die sagen: build to performance. Also ich habe Läger, die für performanceorientierte Spieler da sind. Kann man sagen, ist ein Marketing-Thema. Nein, Head geht dann noch mal eine Ebene weiter. Sie haben kleine Sensoren oder einen Sensor entwickelt, der dann hinten in den Schaft reinkommt des Schlägers und dieser nimmt die Bewegung auf, die Vibration und kann dein persönlicher Tennis-Trainer sein, weil er dann genau erkennt: Hast du den Sweet Spot in dem Tennis-Netz getroffen oder nicht? Warst du zu spät dran, zu früh dran, den Ball zu treffen? Und das ist natürlich mega spannend. Was hat das jetzt mit E-Commerce zu tun? Zum einen ist IoT dort Mittel zum Zweck. Ich kann den Schläger smarter machen und als Hersteller kann ich mich dann noch mal abgrenzen. Und der erste Punkt ist, ich kann digitale Services entwickeln, wie die Trainer-App, die entweder kostenfrei oder auch gegen Bezahlung umgesetzt wird. Das ist Punkt eins. Punkt zwei ist, wenn ich die Daten im Nutzungsverhalten habe, kann ich ja ganz anders auch mit dem Kunden auf einer Kundenebene kommunizieren. Das sehen wir bei Philips Hue. Du merkst schon, ich könnte unendlich lange erzählen. Philips Hue wird ja auch von dem einen oder anderen genutzt und das ist ja auch nichts anderes als IoT in Kombination mit Smart Home.
Sonja Fuhrmann:
Ja. Wie kann denn das Internet der Dinge für mehr Personalisierung noch sorgen im Shopping?
Joubin Rahimi:
Ich glaube, im Shopping nur dann, wenn du einen physikalischen Link hast, also wenn du dann im Laden bist und Sensoren hast, die halt etwas bemerkt merken oder wenn du entsprechende Erlebnisse zu Hause hast, beispielsweise mal ganz weit gedacht. Du hast Smart Home bei dir mit drin und er merkt halt, du bist nicht da, aber deine Heizung ist an. Kannst du sagen: „Okay, dann fahren wir die Temperatur runter oder es merkt, die Temperatur ist warm, aber du kannst die Heizung nicht devilieren und dir wieder was anbieten zu kaufen. Das ist halt immer die Verknüpfung, die Brücke dann halt herzustellen zwischen der echten, der physikalischen Welt und der digitalen Welt.
Sonja Fuhrmann:
Wie glaubst du, wird IoT denn E-Commerce in Zukunft noch verändern? Das sind ja unbeschreibliche Möglichkeiten, die du mir hier aufzeigst.
Joubin Rahimi:
Ja und ich glaube, bei dieser Frage überlegen auch alle: Was kommt jetzt? Was ist jetzt die Antwort daraus? Wie geht das weiter? Diese Brücke habe ich ja schon genannt und schlussendlich ist es die Generierung von neuen Services. Weil zu sagen, ich habe E-Commerce als alleiniges Thema, das ist ja nicht richtig. Wir denken ja nicht in E-Commerce. Wir wollen was kaufen, wir wollen was beschaffen. Wir haben irgendwas vor. Und da hilft IoT einfach, Themen und Produkte zu entwickeln, die wir vorher nicht entwickeln konnten, weil es einfach in die physikalische Welt reinfließt. Was bedeutet das noch mal? Ich springe mal mal ganz weit den Bogen raus. Wir können auch Richtung Bioimplantate und Co. Also es gibt ja schon auch so kleine Implantate, die dann Insulinwert messen. Wir haben die Uhren, die Sachen messen. Und auch das wird einfach noch mal eine Ebene weitergehen, um zu sagen: Okay, ich kann mich noch besser optimieren. Ich glaube, ich finde den nicht gut, den Drang, aber den Selbstoptimierungsdrang wird es noch eine Weile lang geben. Und auch über da, wo Krankheiten im Spiel sind oder Pflegebedarf, kannst du mit IoT, also mit dem Messen, und einer Indikation, die automatisch geschieht, viel, viel mehr machen. Also viele Möglichkeiten durch eine stärkere Verzahnung der beiden Welten.
Sonja Fuhrmann:
Wenn jetzt ein Unternehmen dabei ist und sagt: Super-spannend, ich will durchstarten, was gibt es zu beachten? Kann man einfach so loslegen oder gibt es da Fallen?
Joubin Rahimi:
Also sind mannigfaltig. So, ich strukturiere mich mal kurz. Du hast auf einmal Hardware im Spiel, wo du vorher nie Hardware hattest. Das heißt, du musst dich mit der Hardware auseinandersetzen. Und typischerweise haben Händler sich nie mit, oder selten, mit wirklich elektronischer Hardware auseinandergesetzt. Höchstens mal mit RFID-Scanner oder einem Barcode-Scanner und so weiter. Aber jetzt hast du kleine, hochtechnisierte Geräte, die halt Daten senden auf einem anderen Medium. Das heißt, du musst dich mit diesem Thema senden, Netzwerk und Hardware auseinandersetzen. Und schlussendlich, was ist der Business Case hinten dran? Kann ich den halt monetarisieren? Und wir reden ja ganz viel über B2C, aber auch im B2B. Wir haben einen Kunden, der ist ein Nähmaschinenhersteller innerhalb unserer Gruppe und der hat halt Sensoren drin in der Nähmaschine, die dann erkennen, wenn Fehler auftauchen. Und diesen Service dann zu sagen: Okay, ich habe eine Wartung, ich muss die Nadel ersetzen, den Motor oder ich habe den Fehlstick, diesen Service lassen sie sich bezahlen. Das heißt, eigentlich geht es gar nicht um IoT, aber IoT zu kennen, um dann halt an solche Innovationen ranzukommen, das ist der Schlüssel.
Sonja Fuhrmann:
Das ist der Schlüssel und die Zukunft. Vielen Dank.
Joubin Rahimi:
Ganz sicher. Gerne.
Sonja Fuhrmann:
Joubin, bis hierhin und vielen Dank euch fürs Zuhören.
Joubin Rahimi:
Und wir freuen uns wie immer auf Kommentare, Anmerkungen von euch, Impulse. Lasst uns an euren Gedanken teilhaben und alle anderen und lasst uns dazu diskutieren.