Ein gut gestalteter Prozess zur Anlage und Pflege von Produkten bildet die Grundlage zahlreicher erfolgreicher Projekte. Dabei stellt sich zu Anfang eines Projektes die grundsätzliche Frage, in welchem System die Anlage der ersten Stammdaten sinnvoller ist: Ist hier ein PIM-first oder ERP-first Ansatz besser geeignet? Die Antwort ist stark vom konkreten Use Case abhängig, es gibt jedoch generelle Leitlinien, an denen sich Unternehmen orientieren können, um einen reibungslosen Start zu gewährleisten. In diesem Blogbeitrag erfährst du, in welchen Fällen ein PIM- oder ein ERP-System als Anlage von ersten Stammdaten von Vorteil ist und welche Hintergrundüberlegungen du vor dem Start deines Projektes berücksichtigen solltest.
Ein ERP ist in den meisten Systemen Kernbestandteil der IT-Architektur, und viele planerische und strategische Prozesse sind hier abgebildet. Forschung und Entwicklung verfügen meist über eigene Prozesse, deren Ergebnisse mit einem gewissen Reifegrad in ein ERP-System überführt werden.
In einem PIM-System wird die interne und externe Kommunikation zu Produkten und Artikeln vorbereitet. Aber auch die Vorbereitung neuer Produkte, die Planung und Ausgestaltung des eigenen Portfolios und die Vertriebswege- und -kommunikationsplanung kann von hier gesteuert werden, genauso wie die Produktbedarfssammlung und -analyse.
Zu definieren, wie der Produktlebenszyklus in den Systemen abgebildet, welches System für welche Belange das führende ist und wo Prozesse gestartet, gesteuert und überwacht werden, ist daher für Effizienz und Akzeptanz der IT-Landschaft von zentraler Bedeutung.
Eine der Gretchenfragen: ERP-first oder PIM-first?
Immer wenn es um Produktdaten im Allgemeinen geht, stellt sich zu Anfang eines Projektes die Frage, in welchem System die ersten Stammdaten entstehen sollen.
Um es vorwegzunehmen: Für alle Fälle eindeutig lässt sie sich nicht beantworten, da es hier stark auf Geschäftsmodell und -prozess, auf die Schnittstellenfähigkeiten des ERP-Systems und auf die Lebenszyklen der Produkte ankommt. Es gibt jedoch generelle Best Practices, die eine solide Guideline bieten.
Ein Beispiel
Bei einem Großhändler werden Waren verschiedener Hersteller ein- und an verschiedene Kunden weiterverkauft. Die Hersteller liefern dazu Produktdaten in verschiedenen Qualitäten und Formaten. Die Entscheidung, welche Produkte welches Herstellers ins Portfolio aufgenommen werden und welche neuen Hersteller ins Sortiment eingegliedert werden sollen, wird bestimmt von Konditionen und nach kaufmännischen Gesichtspunkten. Die weitere Anreicherung mit Produktinformationen für die eigenen Kunden erfolgt ausschließlich für die aufgenommenen Artikel in einem nachgelagerten Schritt.
Auf den ersten Blick scheint alles klar: Die Produkte beginnen im ERP zu leben, geboren aus den Stammdaten der importierten Preislisten.
Nehmen wir für den Beispielfall aber an, dass jeder Hersteller seine eigene Interpretation davon nutzt, in welchem Format er unserem Großhändler seine Daten zur Verfügung stellt, und dass die Qualität der Daten stellenweise noch großes Optimierungspotenzial birgt.
PIM-Systeme besitzen spezialisierte Werkzeuge für Im- und Export unterschiedlichst strukturierter Informationen ins eigene Datenmodell. Ihre Validierungs- und Qualitätssicherungsmechanismen können z.B. auch dafür genutzt werden, dass dem ERP nur die Daten in einem sauberen Format zur Verfügung gestellt werden, die einen hinreichenden Pflegegrad haben.
Dann könnte ein Import der Herstellerdaten über das PIM den Aufbau und die Wartung (und das gerade in ERP-Systemen aufwändige Fehlerhandling) vieler ERP-Schnittstellen schon im Vorfeld unnötig machen.
Bei der Entscheidung, welches System bei der Produkt- und Artikelerstellung führend ist, gibt es einige Leitfragen, die für ein gutes Design des späteren Ablaufs hilfreich sind:
- Wie gelangen die ersten Produkt- und Artikeldaten ins Unternehmen?
- Werden sie im Unternehmen selbst erstellt, sei es bei eigener Produktentwicklung oder -herstellung oder weil Zulieferer keine in automatisierten Prozessen verwendbaren Produktinformationen liefern, weist einiges darauf hin, dass ein PLM- oder PIM-System ein guter Einstieg in Datenerhebung und -pflege ist.
- Werden sie von externen Quellen übernommen, kann das ERP ein guter Einstieg sein, sofern es über gut konfigurierbare Schnittstellen mit effizientem Handling von Ausnahmen verfügt, und wenn die externen Datenquellen format- und inhaltsstabil so liefern, dass gezielt die relevanten Daten abgerufen werden können. Andernfalls sollte abgewogen werden, ob nicht das PIM-System mit seinen ausgeprägten ETL-Mechanismen vorgeschaltet werden sollte, um die Qualität der ins ERP zu importierenden Daten herzustellen und abzusichern.
- Werden Fremdproduktdaten zur Entscheidungsvorbereitung oder für Staffelvertrieb genutzt?
- Stehen Daten von Konkurrenz- oder nicht selbst vertriebenen Produkten in guter Qualität zur Verfügung, können daraus oft strategische Schlüsse gezogen werden, ob und inwieweit das eigene Sortiment vollständig ist, wo sich Diversifikation auszahlen könnte und wie die eigenen Artikel im Vergleich zu Fremdartikeln stehen. Da in der Regel solche Daten das ERP-System nicht belasten sollen und PIM-Systeme über Mechanismen für Produktvergleiche out-of-the-box mitbringen, sind sie für solche Szenarien ein interessanter Einstiegspunkt.
- In Szenarien, in denen Artikel jenseits des eigenen Sortiments angeboten und erst bei Bestellung im ERP-System angelegt werden sollen (gerade im Groß- und Zwischenhandel gibt es eine Reihe an Szenarien, bei der die schiere Menge möglicher interessanter Artikel kaum von einer Organisation beherrschbar ist), kann ein PIM-System mit den vorhandenen Herstellerdaten Bestellungen und Reservierungen ermöglichen; Shop oder Bestellsystem erzeugen dann im Zuge der Bestellung einen Verkaufsartikel im ERP mit den im PIM vorhandenen Stammdaten, so dass sich die Ein- und Verkaufsprozesse nur mit den tatsächlich aktiv bewirtschafteten Artikeln beschäftigen müssen.
- Gibt es ein außengesteuertes Produktdesign oder eine kundeninitiierte Artikelentstehung?
- Gerade in B2B-Szenarien wie beispielsweise bei Fertigung auf Bestellung mit hohem Individualisierungsgrad kann es sinnvoll sein, die Individualisierung in einem PLM- oder PIM-System vorzubereiten und erst die ausdesignten Produkte und Artikel ans ERP zu übergeben, um zu vermeiden, alle möglichen, mit den Optionen exponentiell wachsenden Kombinationen dort von vorneherein abzubilden.
- Liefern Systeme Daten zu Anfragen, die mit dem bestehenden Artikelstamm nicht befriedigt werden können, können sie in einem PIM-System systematisiert und gesammelt werden, um Produktplanungsprozesse und die Entscheidungen für Sortimentserweiterungen zu unterstützen.
- Können bestehende Prozesse verschlankt oder effizienter gestaltet werden? Gibt es regelmäßig Flaschenhälse bei der ERP-Stammdatenpflege?
- In vielen Unternehmen ist der Zugang zur Datenpflege im ERP sinnvollerweise stark reglementiert, sodass das Verhältnis zwischen Produktinitiatoren oder Produktmanagern und dem datenpflegenden Personal oftmals zu Verzögerungen im Produktanlageprozess führt. Durch ein PIM-System kann dieser Flaschenhals deutlich dadurch erweitert werden, dass Informationen bereits im PIM-System vorgepflegt und über Schnittstellen für das ERP zur Verfügung gestellt werden, und im ERP-System ausschließlich fehlende ERP-spezifisch relevanten Stammdaten ergänzt werden müssen. Das ermöglicht auf der einen Seite einen höheren Parallelisierungsgrad, auf der anderen Seite werden die ERP-Mitarbeiter entlastet, sodass insgesamt die Time-to-market optimiert wird.
- In der Regel werden Informationen zur Produktstammdatenanlage nicht von den Mitarbeitern erzeugt, die sie im ERP pflegen. Sie werden meist über verschiedene Hilfsmittel vorerfasst und dann manuell oder teilautomatisiert ins ERP übertragen. Durch die systematische Vorerfassung im PIM, gekoppelt mit Validierungs- und Datenqualitätssicherungsmaßnahmen, können oftmals vorhandene redundante Prozessschritte vermieden werden. Zudem werden Übertragungsfehler ausgeschlossen.
- Workflowmechanismen im PIM können die Anlageprozesse so steuern, dass durch sinnvolle Parallelisierung und definierte Qualitygates, die das Vorhandensein der für den nächsten Schritt notwendigen Daten und Informationen sicherstellen, Schleifen, Rückfragen und Wartezeiten minimiert werden können.
- Gibt es zwingende technische oder geschäftsstrategische Gründe, die Entstehung von Produkten und Artikeln in einem bestimmten System zu verorten?
- Manche – gerade über lange Zeit hinweg genutzte und immer weiter angepasste – Systeme diktieren bestimmte Prozessabläufe und machen eine Umstellung auf einen schlankeren Prozess schwierig und/oder unwirtschaftlich. Auch das Risiko einer Prozessänderung mit dem Bewusstsein der natürlichen Trägheit lange genutzter Arbeitsweisen sollte beleuchtet werden.
In solchen Szenarien bietet es sich an, ERP- und PIM-System mit einem ERP-first- in Kombination mit einem Side-by-side-Ansatz zu verfolgen, um nach und nach in einem geplanten Änderungsprozess Funktionalitäten und Prozesse neu aufzuteilen und die IT-Architektur langsam und schonend umzubauen. - Auch bei einer geplanten ERP-Ablösung durch ein neueres System kann man durch dieses Vorgehen das PIM als Brücke zwischen dem alten und dem neuen System nutzen, wobei die Produktanlage dann einem Muster ERP[alt] à PIM à ERP[neu] folgt und das alte ERP irgendwann entfällt.
- Manche – gerade über lange Zeit hinweg genutzte und immer weiter angepasste – Systeme diktieren bestimmte Prozessabläufe und machen eine Umstellung auf einen schlankeren Prozess schwierig und/oder unwirtschaftlich. Auch das Risiko einer Prozessänderung mit dem Bewusstsein der natürlichen Trägheit lange genutzter Arbeitsweisen sollte beleuchtet werden.
Fazit
Wie dieser Prozess am Ende optimal ausgestaltet wird, ist hochgradig individuell, da er von Technik und Geschäftsmodell, bestehender Herangehensweise, der Unternehmenskultur und -organisation, der Stellung einzelner Geschäftsbereiche und eventuell sogar von einzelnen Produkten abhängt.
Die genannten Leitfragen und Hintergrundüberlegungen zeigen, dass die im Zuge einer PIM-Einführung anstehenden Change Prozesse mit den dazu gewonnenen neuen Möglichkeiten vielerlei Optionen bieten, bestehende Abläufe zu hinterfragen, zu verschlanken und zu optimieren. Sie sollen helfen, die mit einem PIM-Projekt verbundenen Entscheidungen zur Veränderung der betrieblichen Abläufe bewusst, vorurteilsfrei und beleuchtet aus verschiedenen Blickwinkeln zu treffen.
Ein gut designter Produktanlage- und -pflegeprozess ist die Basis vieler Business Cases, die auf Produktdaten zurückgreifen, ihrerseits aber auch das abgebildete Portfolio und die Vertriebs- und Kommunikationsmaßnahmen beeinflussen. Er sollte Schleifen vermeiden, parallele Arbeitsschritte ermöglichen und sich dynamisch an Unternehmensstrategie und Marktanforderungen anpassen lassen, dabei gleichzeitig aber Datenqualität und Schutz der im ERP-System und in anderen geschäftskritischen Systemen ablaufenden Prozesse sicherstellen.
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