insights! Folge #23: Head of Product: ein Produktverantwortlicher oder doch ein Dirigent eines interdisziplinären Teams?

Gastgeber und synaigy-CEO Joubin Rahimi und der Mitbegründer der Berliner Digital Vikings können voneinander nicht lassen: Zum vierten und vorerst letzten Mal tauschen sich heute die beiden Veteranen der Digitalisierung im Rahmen der Podcast-Serie "insights!" aus. Diesmal werfen sie einen näheren Blick auf die Rolle des Head of Product. Dessen Bezeichnung führt oftmals in die Irre, denn ein Produkt im eigentlichen Sinne verantworten nur die wenigsten von ihnen. Lars Rabe hält ihn gewissermaßen für einen Dirigenten und Übersetzer innerhalb der Organisationsstruktur eines Unternehmens. Bei einer derartigen Facettenreichhaltigkeit verwundert es nicht, dass es den klassischen Werdegang für einen Head of Product nicht gibt.

Er ist sozusagen der Dirigent eines interdisziplinären Teams.

Lars Rabe

Der Jobtitel lässt vermuten, ein Head of Product sei für ein konkretes Produkt verantwortlich, das der Endkunde mit ein paar Mausklicks im Onlineshop erwerben könne. Doch weit gefehlt, ein Head of Product agiert hinter den Kulissen, im für den Kunden Verborgenen. „Er oder sie ist letztlich dafür verantwortlich, dass das digitale Konstrukt Onlineshop den Anforderungen der Kunden und des Marktes entspricht“, sagt Lars Rabe. Und diese Aufgabe habe es in sich. In den Anfangszeiten von E-Commerce, erinnert sich der digitale Vikinger, habe meist die IT den Onlineshop zusammengezimmert, „mit Software von der Stange“. Am Ergebnis habe dann das Marketing rumgemäkelt, über Nacht seien neue Features dazugekommen und „am Ende war alles ein totales Kuddelmuddel“. Heute führe der Head of Product ein multidisziplinäres Team von Product Ownern, UX-lern und Softwareentwicklern an, die mit ihrem jeweiligen Fachwissen das komplexe Puzzle Onlineshop zusammenfügen. „Der Head of Product ist der Dirigent“, sagt Lars Rabe.

Und so ein Dirigent sitze schnell zwischen vielen Stühlen. Im internen Ablauf seien die Anforderungen von Sales, Marketing und Supply Chain zu berücksichtigen, alle mit ihren jeweiligen Interessen, die oft unterschiedlicher nicht sein könnten. „Das Ganze muss dann übersetzt werden in einzelne Produktstränge“, sagt der Berliner Personal- und Organisationsberater, „die später wiederum von den Softwareentwicklern implementiert werden“. Und ganz nebenbei gelte es, den Kunden nicht aus den Augen zu verlieren. Dem müsse eine gute User Experience vermittelt werden, „damit er wiederkommt“. Ein erfolgreicher Head of Product habe daher die gesamte Wertschöpfungskette auf dem Radar, „denn wenn ich vorne ein tolles Produkt im Shop habe, aber die Logistik kriegt das nach hinten raus nicht hin, dann nützt das alles nichts“. Lars Rabe nennt das auch „die ganzheitliche Brille“: Immer wieder in Möglichkeiten denken – was geht im Markt gerade vor? Was möchte der Kunde eigentlich?

So vielseitig die Aufgaben eines Head of Product sind, so unterschiedlich kann sein beruflicher Werdegang sein. Es gäbe da „nicht so den typischen Pfad“, sagt Lars Rabe. Es könne ein UX-ler sein, der sich stärker an der Product Vision beteiligen möchte, aber auch ein „Softwareentwickler, der mehr Kundenkontakt anstrebt“. Neben einem ganzheitlichen Blick auf den Job sollten insbesondere ein technisches Faible und absolute Kundenzentriertheit vorhanden sein. „Und die Leidenschaft, ein tolles Produkt hinzulegen mit dem Ziel, dass der Endkunde happy ist.“

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Hier ist der Inhalt:

Joubin Rahimi:
Grandios, dass Du wieder dabei bist bei einer neuen Folge von Insights. Mein Name ist Joubin Rahimi und mit im Studio, Lars Rabe. Hallo, Lars!

Lars Rabe:
Hallo, Joubin!

Joubin Rahimi:
Lars hat eine ganz spannende Vita, Du bist ja schon seit über 24 Jahren in der Digitalisierung. Es ist schrecklich, wir stellen Menschen ein, die sind jünger als 24!

Lars Rabe:
Ja, ich auch.

Joubin Rahimi:
Und wir gehören aus meiner Sicht – und Du schon gar nicht – nicht zu den alten, weißen Männern, schon gar nicht in der Denke. Gerade in der Digitalisierung hast Du ja so wahnsinnig viel mitbekommen, dass wir schon einige Sessions gemacht haben, und heute ist das Thema Head of Product im Umfeld von Unternehmen, die digitalisieren. Head of Product, was ist das, ich habe ja nicht nur ein Produkt?

Lars Rabe:
Genau, das ist häufig auch irreführend. Ich möchte aber auch zu den alten, weißen Männern etwas sagen, da hast Du nämlich vollkommen recht. Ich glaube, wir sind auch diejenigen, die gefordert sind, eine diverse Unternehmenskultur zu bauen, dass Leute von überall herkommen, weil gerade so im Digitalbereich sind unheimlich viele Männer unterwegs, weiße Männer tatsächlich. Und da sind wir gefordert, als die alten Hasen, das Ganze auch ein bisschen diverser, bunter zu gestalten.

Joubin Rahimi:
Ich freue mich über mehr weibliche Kandidatinnen von Euch, für uns.

Lars Rabe:
Aller möglichen Couleur, das ist total wichtig, das ist auch ein Herzensthema von uns. Aber Head of Product. So, jetzt nehmen wir mal so ein klassisches produzierendes Unternehmen mal beiseite, weil da ist wahrscheinlich ein Head of Product derjenige, der für ein physisches Produkt verantwortlich ist. Wir reden heute im Kontext digitaler Produkte, also digitaler Produkte oder digitaler Services. Und das kann man relativ einfach vielleicht mal plastisch darstellen an einem Onlineshop, E-Commerce. Da ist der Head of Product mit seinem Team verantwortlich, dass das digitale Produkt Online-Shop mit seinen vorgelagerten, nachgelagerten Systemen funktioniert, sich weiterentwickelt und auf die Kundenbedürfnisse ausgerichtet ist.

Joubin Rahimi:
Also hier ist der Begriff Produkt nicht das, was ich quasi als Kunde kaufen kann, sondern es ist das interne Produkt, ein Zwischenprodukt, würde man sagen.

Lars Rabe:
Ja, genau. Es ist eigentlich das interne digitale Produkt, das das Kundenerlebnis quasi bedient über die digitalen Kanäle. Wo kommt das eigentlich her? Diese Frage muss man sich auch mal stellen. Früher war das so: Onlineshop, wenn wir jetzt in dieser E-Commerce-Analogie bleiben, da kam dann irgendjemand, der hat gesagt, bauen Sie mal einen Onlineshop. Wer macht denn so etwas? Kann die IT machen! Da hat sich die IT gefragt, wo kriegen wir den jetzt her? Und dann ist es irgendwie eine Software von der Stange, die wird dann eingebaut und fertig. So, dann wurde das gebaut und dann kam Marketing: Das haben wir uns aber ganz anders vorgestellt. Und dann kommen neue Features, und mal über den Zaun geschmissen und totales Kuddelmuddel. Das Ganze muss beziehungsweise musste eigentlich ganz anders orchestriert werden. Und der Head of Product ist letztendlich dafür verantwortlich, dass dieses digitale Produkt auch den Kundenanforderungen und den Marktanforderungen entspricht. Dass die Anforderungen, die die Kunden an das Unternehmen stellen, die die internen Stakeholder, also Sales, Marketing, Supply Chain und so weiter an das Produkt stellen, verstanden werden. Und das Ganze, und das ist eine ganz, ganz wesentliche Funktion, muss halt auch übersetzt werden in Produktstränge, die später wiederum von den Softwareentwicklern implementiert werden. Weil häufig ist es ja so, dass Softwareentwickler dann irgendetwas über den Zaun geschmissen bekommen, da gibt es dann so ein Ticketsystem oder sonst irgendwas. Und dann wird abgearbeitet, was überhaupt gar keinen SinnUn macht. Das hat man früher so gemacht. In der heutigen Zeit gibt es halt einen Head of Product, der für die Orchestrierung des internen digitalen Produktes verantwortlich ist.

Joubin Rahimi:
Diese Person hat dann direkt noch mal eine neue Herausforderung. Du beschreibst gerade einen Entwickler, der nicht nur Techie sein darf, sondern eigentlich auch über die bisherigen Tellergrenzen hinwegschauen muss.

Lars Rabe:
Ja, genau. Deswegen ist es meistens auch kein Softwareentwickler, weil die wollen ein ganz bestimmtes Problem über Software lösen, und das machen sie auch richtig gut, weil das ist ihr Ding, Programmieren und so weiter. Der Head of Product kann vielleicht aus diesem Bereich kommen, muss auf jeden Fall verstehen, wie Softwareentwicklung funktioniert, das ist ganz wichtig. Wie funktioniert Softwareentwicklung, entweder im klassischen oder agilen Umfeld? Aber der Head of Product muss verstehen, wie Anforderungen aus dem Markt, aus dem Unternehmen, von den Kunden heraus, in digitale Produkte übersetzt werden können. Das ist so ein Übersetzer, kann man sagen. Man muss auch eine Vision haben, der Head of Product entwickelt ja auch die Product Vision, ganz wichtig. Und diese Product Vision muss in eine Roadmap gekippt werden. Road Map heißt ja, wie ist meinen Pfad, welche Features, Funktionen, welche Softwarelösungen kommen eigentlich wann? Und dafür ist diese Person verantwortlich.

Joubin Rahimi:
Das ist ja nicht nur einfach Übersetzen vom Englischen ins Deutsche. Du hast die Geschäftsanforderung gehabt, aber auch den Kunden. Ich muss den Prozess in der Transaktion abbilden, ich habe meine Prozesse hintendran und Personen, die noch Freigaben haben. Aber auf der anderen Seite habe ich ja noch den Kunden, der sagt, ich will, dass es einfach ist.

Lars Rabe:
Genau.

Joubin Rahimi:
Das heißt, er muss verschiedene Sprachen in eine übersetzen.

Lars Rabe:
Ja, ganz genau. Und der Head of Product kann ja nicht alles selbst machen, er hat dann meistens unter sich eine Organisation, die besteht aus POs, also Product Owners. Ein Product Owner ist dann meistens für einen Bereich des Produktes verantwortlich. Beim E-Commerce kann das zum Beispiel das Thema Check-out sein, weil so ein Check-out ist ein hochgradig komplexes Gebilde. Für mich als Endkunden sage ich, draufklicken, bezahlen, fertig. Aber da müssen die richtigen Payment-Methoden drin sein. Ist es ein One-page- oder Drei-page-Check-out? Habe ich eine Adressverifizierung im Hintergrund, Bonitätsprüfung? Es muss aber trotzdem einfach sein. Und der Head of Product sagt dann zu dem Product Owner, hör zu, unsere Kunden sagen, der Check-out ist zu komplex. Woher weiß er das? Er hat Marktforschung betrieben, es gibt NPS-Umfragen, also Net Promoter Score und so weiter. So, und dann muss man sich halt hinsetzen und sagen, was ist denn eigentlich diese Anforderung? Und da muss man sich eigentlich immer als Allererstes, und das passiert meistens erst im zweiten Schritt, den Endkunden holen und sagen, was brauchst du eigentlich? Also, ich möchte über Apple Pay auschecken oder ich möchte eine Gesichtserkennung, keine Ahnung. Also muss ich erst mal den Kunden fragen, also brauche ich ein Lab von Key Usern. Ich muss die Leute rekrutieren, sagen, was braucht ihr eigentlich?

Joubin Rahimi:
Macht das denn der Head of Product selber? Oder hat er ein Team? Oder geht er extern?

Lars Rabe:
Genau. Ein Head of Product hat meistens so drei Kernfunktionen oder drei Kernbereiche. Es gibt einmal das Thema Product Owner; ein Product Owner schreibt häufig sogenannte User Stories. Also, wie bewegt sich der Nutzer innerhalb dieses Bereiches? Was heißt denn das eigentlich? Was würde er gerne anders haben? Daraus entsteht für diesen einzelnen Bereich eine Produktvision oder eine Produktstrategie. Da hängt meistens aber auch das ganze Anforderungsmanagement mit drin. Entweder ist das auch in der Position des POs oder es ist eine extra Rolle, die heißt Requirements Engineer, also Anforderungsmanager. Der Product Owner ist dafür verantwortlich, dass sein Bereich, also innerhalb der Produktorganisation, delivered wird. Der muss dafür sorgen, dass die Software auch geliefert wird. Das hängt aber wieder in einer anderen Organisation, das ist meistens nicht in der Head of Product-Organisation drin. Kann sein, muss aber nicht. Und dann kommen nämlich ganz zum Schluss, darauf wollte ich noch hinaus, die Tester. Und da hängt dann auch ganz häufig das Thema UX mit drin. UX heißt User Experience, also sprich, wie geht der Nutzer durch die einzelnen Schritte, im Shop beispielsweise? Deswegen hängen ja häufig auch die ganzen UX-Bereiche mit drin, weil das Thema User Experience natürlich das Produkt wiederum definiert. Und deswegen habe ich dann häufig einen PO, ich habe einen UX-Manager, UX-Designer, vielleicht habe ich UI-Leute mit drin, also Leute, die dann wirklich das Design machen. Und ich habe einen Tester nach hinten raus, der dann testet, funktioniert das Ding überhaupt und wird das überhaupt von den Nutzern so angenommen?

Joubin Rahimi:
Finde ich total spannend. Wir haben auch ja UX-ler bei uns im Haus. Das ist aber der Bereich, der am schwierigsten vom Kunden angenommen wird. Alle nicken, er sagt, ja, okay. Aber dann brauchen wir noch jemanden, der kostet 20 Tage. Ich mache das mit den Fähnchen. Nein, das ist blöd. Können wir nicht hinten einfach noch ein paar Tester haben? Der guckt dann mal drauf.

Lars Rabe:
Das ist dann zu spät.

Joubin Rahimi:
Das ist wie ein Architekt im Haus. Wenn du denn zum Schluss reinholst, dann ist bereits alles gelaufen.

Lars Rabe:
Ja, auch interessant. Ich glaube, ein UX-ler ist ganz häufig sehr stark so ein Business Architekt. Bei UX denken ja viele immer so an bunte Bilder. Nee, das macht dann der UI-ler, also der Designer vielleicht. Aber der Designer macht das, was aus dem UX-Bereich herauskommt, sprich, da muss ich hochgradig analytisch sein. Ich muss gucken, ich muss mir Daten heranziehen, was passiert momentan in meinem Onlineshop? Wo gehen die Leute rein, wo brechen sie ab? Wo wollen sie vielleicht mehr Informationen haben? Wie kann ich das ändern? Also, UX ist sehr, sehr, sehr analytisch, und das verstehen viele Kunden nicht, weil die denken immer, UX ist gleich bunte Bilder und mach da noch ein Fähnchen ran und dann passt das schon irgendwie. Ich habe ja so viele Daten heutzutage, dass ich das nutzen kann und der Head of Product orchestriert das mit seiner Organisation.

Joubin Rahimi:
Für den Head of Product gehören dann Daten auch dazu. Oder ist das ein Sub-Bereich von UX?

Lars Rabe:
Es kommt immer darauf an. Bei UX sind ja Daten so die Grundlage, um Handlungsempfehlungen für die Optimierung der User Experience abzuleiten. Dann hast du aber wiederum im Bereich Data ganz viel im Bereich Transactional Data, wie ich dann mein Conversion Funnel optimiere, mein Produktangebot optimiere und so weiter. Eigentlich gibt es eine extra Datenorganisation, weil es wiederum sehr speziell ist. Entweder es ist so matrixmäßig aufgebaut, dass ich halt einen BI-Bereich habe oder einen Data Analysten, Web Analysten, vielleicht noch einen Data Scientist, der halt daraus ... da kann man auch nochmal extra Sessions darüber machen ...

Joubin Rahimi:
Der Gedanke kam mir auch gerade genau.

Lars Rabe:
Da kann man sicherlich noch einiges darüber erzählen. Und das ist eigentlich meistens eine eigene Organisation, die unterschiedliche Kunden hat. Also, ein Kunde von der Data-Organisation ist UX, ein Kunde ist Marketing, ein Kunde ist Geschäftsführer, ein Kunde ist Finanzen. Ich würde die Data-Organisation als eigenen Bereich sehen, als Service-Organisation, die quasi die internen Kunden bedient.

Joubin Rahimi:
Im Endeffekt so wie die IT.

Lars Rabe:
Ganz genau. Mein Kunde muss happy sein, und mein Kunde sind die internen Mitarbeiter, je nachdem was ich gerade mache als Sys Admin oder sonst irgendwie. Und der Head of Product hat die Aufgabe, dass er sagt, meine Businessorganisation, also beispielsweise der Head of E-Commerce oder der Geschäftsführer, muss happy sein, weil die Zahlen stimmen. Die Endkunden müssen happy sein. Woran messe ich das? Entweder wenn sie beispielsweise smooth und ordentlich durch den Check-out geführt werden, wenn wir jetzt beim E-Commerce-Thema bleiben. Weil Head of Product gibt es auch in anderen Organisationen. Aber bei E-Commerce ist es halt sehr offensichtlich. Also der Endkunde muss happy sein. Das messe ich auch daran, dass der Kunde dann vielleicht wiederkommt. Wenn ich ein doofes Produkt in meinem Onlineshop habe, dann kommt der Kunde auch nicht wieder. Aber wenn die User Experience gut ist, dann wird der Kunde mit einer hohen Wahrscheinlichkeit wiederkommen. Check-out war einfach.

Joubin Rahimi:
Aber das ist dann auch nicht nur digital. Diese User Experience, also diese Head of Product, ist dann quasi nicht nur digital verhaftet. Hängt natürlich immer vom System ab.

Lars Rabe:
Ja, das stimmt. Eigentlich ist ein Head of Product dem digitalen Produkt verpflichtet. Er oder sie muss aber die gesamte Wertschöpfungskette in Betracht haben. Weil wenn ich vorne was ganz Tolles mache, im Shop beispielsweise, tolles Produkt gemacht, aber die Logistik kriegt das nach hinten raus nicht hin, dann hilft das auch nicht. Dann ist halt die Delivery nach hinten raus doof. Ein Head of Product kann sich auch auf andere Themen beziehen, dass man sagt, wir haben ja jetzt etwas ganz Tolles, wenn du drei Produkte im Shop kaufst, kriegst du das noch mal gratis oder so. Das kann aber vom ERP gar nicht verarbeitet werden. Das ist auch doof und hilft auch nicht. Da muss man mal eine ganzheitliche Brille aufsetzen. Ich glaube, das Wichtige ist wirklich, dass man hier immer wieder in Möglichkeiten denkt, guckt, was im Markt passiert. Was wollen die Endkunden? Ich glaube, das ist wahrscheinlich so das treibende Element, dass man wissen muss, was möchte der Kunde eigentlich. Und diese Produktorganisation gab es ja vor zehn, zwölf Jahren noch nicht. Das ist eher neu und das liegt wirklich daran, dass Unternehmen immer kundenzentrierter werden. Es gibt ja nur eine Zielgruppe, der man immer verpflichtet ist, das sind die Endkunden, weil die kaufen die Produkte. Oder B2B-Bereich die Unternehmenskunden.

Joubin Rahimi:
Ich möchte jetzt mal die Frage stellen, wie erkenne ich einen guten Head of Product? Er muss den Kunden verstehen können. Das ist der erste Punkt, sich in den Kunden reinversetzen können.

Lars Rabe:
Durchaus.

Joubin Rahimi:
Wie erkenne ich so einen Menschen?

Lars Rabe:
Ja, das ist eine gute Frage. Erst mal war ich vorher PO, also Product Owner, oder ich komme aus dem UX-Bereich oder ich komme aus dem klassischen E-Commerce-Bereich. Dieses Bild eines Head of Product kann sehr mannigfaltig sein, der kann aus sehr unterschiedlichen Bereichen kommen. Du musst aber immer irgendetwas mit diesem Thema Kundenzentriertheit zu tun haben. Es gibt auch Head of Product, die aus dem UX-Bereich kommen. UX ist eine meines Erachtens sehr unterschätzte Disziplin. Es gibt ja mittlerweile auch Unternehmen, die ihre gesamte IT an UX-Prinzipien ausrichten, weil es geht nur um User Experience. Viele kommen aus dem UX-Bereich und deswegen gibt es da nicht so diesen typischen Pfad. Ich glaube, es ist eher so die Leidenschaft dafür, ein tolles Produkt hinzulegen mit dem Ziel, dass der Endkunde happy ist. Und ich brauche natürlich ein technologisches Verständnis. Wenn ich das gar nicht habe, dann ist es schwierig, weil dann komme ich mit irgendwelchen abstrusen Ideen, wo dann der Development-Bereich sagt, um Gottes willen, was machst du denn da? Oder ich gebe es an einen externen Dienstleister raus, wie Euch zum Beispiel, dann sagen die sich, was hat denn der sich da überlegt, das kriegen wir gar nicht hin. Also brauche ich auch immer so diesen ganzheitlichen Blick. Ich brauche schon dieses technische Faible mit diesem absoluten Kundenfokus.

Joubin Rahimi:
Und da ist schon spannend.

Lars Rabe:
Ich finde es eine megaspannende Rolle. Das kann jemand sein, der aus der Softwareentwicklung kommt und sagt, ich möchte mehr Kundenkontakt haben. Kann sein, dass jemand aus dem E-Commerce-Bereich kommt und sagt, ich bin eher technologischer orientiert. Kann ein UX-ler sein, der sagt, User Experience ist mein Ding, ich habe viel mit Data zu tun gehabt, möchte aber eher so eine Product Vision entwickeln. So gibt es da unterschiedliche Einstiegspunkte.

Joubin Rahimi:
Und es gibt kein richtiges Studienmodell dafür, finde ich. Es gibt zwar natürlich Richtung E-Commerce und so weiter, aber das ist immer nur fachlich ein Thema.

Lars Rabe:
Meines Erachtens sollte das Studium der Wirtschaftsinformatik aufgewertet werden. Informatik macht Sinn, total. Wirtschaft macht auch Sinn. Aber wenn man sich überlegt, was passiert so in der Zukunft? Eigentlich müsste man diese Dinge miteinander kombinieren.

Joubin Rahimi:
Dann auch gleich mit anderem Namen: Business Tech!

Lars Rabe:
Genau, Business Tech. Und da kann man das meines Erachtens ganz gut aufheben. Aber ich habe das bisher noch nirgends so richtig abgebildet gesehen.

Joubin Rahimi:
Na, Ihr bekommt das ja mit, Ihr sucht ja die Personen. Und eigentlich hast Du schon beschrieben, woher sie kommen könnten, dass es eigentlich immer Personen sind, die dann auch ein, zwei Stufen schon gegangen sind, damit man überhaupt in diese Rolle hineinwachsen kann.

Lars Rabe:
Absolut. Und Du siehst das ja auch bei Menschen, die quasi als Product Owner oder als UX-Designer oder UX-Manager anfangen. Die haben meistens ein sehr technikaffines Studium und entwickeln sich von dort aus irgendwie weiter. Diese leitende Funktion, die muss eigentlich schon ein bisschen etwas gesehen haben.

Joubin Rahimi:
Danke für die Insights dazu. Wenn Ihr Fragen dazu habt, wie immer, ab in die Kommentare rein oder eine direkte Nachricht an uns! Wir freuen uns auf den Diskurs. Bis zum nächsten Mal, danke Lars!

Lars Rabe:
Danke, Joubin.

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Joubin Rahimi
Managing Partner synaigy GmbH

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